Die Sache mit dem Leaky Gut

von Yvonne

Die Sache mit dem Leaky Gut beschäftig mich nunmehr seit fast 3 Jahren. Da bekam ich die Diagnose und war plötzlich auf eigenartige Weise erleichtert. Über 6 Jahre Dauerthema – nicht nur mit meinem Bauch sondern mit meiner diffus-schwachen und immer schwächeren Gesamtkonstitution – hatten endlich einen Namen. Und was einen Namen hat, das kann man greifen.

Befund Leaky Gut

Leider aber ist Leaky Gut ein in Deutschland immer noch recht wenig und wenn dann recht uneinheitlich benutzter Begriff. Auch sind sich die Fachleute uneinig darüber, ob Leaky Gut gleich Reizdarm ist bzw. wahlweise Leaky Gut durch Reizdarm ausgelöst wird – oder umgekehrt. Insgesamt steht die Fachwelt hier noch völlig am Anfang. Und gibt es auch offen zu (zumindest meine Bauch-Ärztin).

Aufgrund meiner langjährigen Recherchen, insbesondere auch in den Leaky-Gut-Opinionleader-Ländern USA, Australien und Irland verfolge ich den Ansatz: Leaky Gut in nicht gleich Reizdarm.

Das Thema Reizdarm wird in meinen Augen einerseits in Deutschland zu pauschal genutzt und von Ärzten oft vorschnell „raus gehauen“ (eigene Erfahrung). Gleichzeitig wird der Begriff Reizdarm von einigen Fachleuten ausschließlich angewendet, wenn alle anderen möglichen Befunde ausgeschlossen wurden – und am Ende nichts Konkretes, wie z.B. Morbus Crohn, mehr übrig bleibt.

Leaky Gut ist jedoch ein klarer Befund – wenn auch kein einfach zu erzielender. Denn es gibt viele Puzzlesteine, die behandelnde Mediziner/innen identifizieren, zusammensetzen und in Frage stellen müssen. Dann kann man sich dem komplexen Thema nähern. Langsam, mit viel Denkarbeit und noch mehr austesten und ausprobieren.

Leaky Gut – kurz & knackig

Auf die Schnelle und knackig auf den Punkt gebracht ist Leaky Gut eine Schwäche der Darmschleimhaut. Sie ist in ihrer Stabilität und Funktion nachhaltig und auf vielen Ebenen gestört.

Man muss sich das so vorstellen: Die Zellen der Darmschleimhaut liegen eigentlich gut beieinander und sind über Proteine miteinander verbunden. Diese Proteine bezeichnen die sogenannten „tight junctions“ (auf Deutsch „enge Verbindung“). Bei einem Leaky Gut Syndrom sind diese Verbindungen gestört und aufgelockert. Dadurch ist die Schleimhaut durchlässig oder undicht (deutsch für „leaky“) – und lässt Stoffe an den Schleimhautzellen vorbei, die normalerweise nicht vorbei könnten – und stattdessen im Darm weiterverarbeitet würden.

Das hat einiges zur Folge. Und die Symptome sind wichtig (insbesondere richtig) zu erkennen.

Symptome bei Leaky Gut

Die Symptome sind vielfältig und teilweise im ersten Schritt sehr uneindeutig. Gerade Bauchschmerzen, Durchfall, Blähungen oder Unverträglichkeiten können auf unterschiedlichste Magen-/Darmerkrankungen hinweisen. Sie können aber auch ein Hinweis auf Leaky Gut sein. Insbesondere andere „Baustellen“ wie Migräne, Kreislaufprobleme, Schwindel, Konzentrationsschwäche und „brain fog“, Hauterkrankungen, Muskel- und Gelenkschmerzen – bis hin zu Fieber (akuter Hinweis auf eine Entzündung!) und sogar Depressionen, können klare Signale für Leaky Gut sein.

Wie ist Leaky Gut nachweisbar?

In Ergänzung zu den Symptomen lassen sich einige Marker ermitteln, die ergänzend Hinweis auf Leaky Gut geben können. Die Proteine Zonulin und Calproctectin zählen dabei zu den Wichtigsten. Der Zonulin-Wert gibt Auskunft über die Durchlässigkeit der oben genannten „tight junctions“ – der Verbindungen zwischen den Ephitelzellen der Schleimhaut. Der Calprotectin-Wert wiederum gibt Hinweis auf die Entzündungsneigung der Schleimhaut. Beide sind durch einen Stuhltest nachweisebar – Zonulin auch im Blutserum (in Deutschland jedoch nicht gängig).

Ebenfalls durch einen Stuhltest lässt sich der Status des Mikrobioms (früher Darmflora genannt) feststellen. Insbesondere ein Bakterium, das in der Darmschleimhaut sitzt, ist ein möglicher Indikator für Leaky Gut: Akkermansia muciniphila . Zu wenige Bakterien dieses Stammes können zu einer Entzündungsneigung der Darmschleimhaut führen. Er wird gerne im Kontext mit einem anderen Bakterienstamm, der sich ebenfalls gezielt im Stuhl nachweisen läßt, betrachtet: Faecalibacterium prausnitzii.

Alpha-1-Antitrypsin liefert ebenfalls einen Hinweis auf Entzündungen der Darmschleimhaut und gilt zudem als Indikator für eine erhöhte Durchlässigkeit. Das Sekretorische IgA kann Hinweise auf einen Immundefekt geben – und ebenfalls auf eine erhöhte Durchlässigkeit bzw. nicht ausreichend funktionstüchtige Darmschleimhaut.

Histamin spielt oft eine Rolle bei Leaky Gut. Die Ermittlung des Histamin-Wertes kann demnach zusätzlich Klarheit bringen.

Was passiert bei Leaky Gut?

Die drei wichtigsten Effekte des Leaky Gut sind: Gestörte Nährstoffaufnahme (Malabsorbtion), stattdessen erhöhte Aufnahme von Schadstoffen und Toxinen in den Blutkreiskauf sowie ein latent geschwächtes Immunsystem. Und genau das macht Leaky Gut auf lange Sicht nicht ungefährlich.

Unerkannt und lange unbehandelt kann es zu teils schwerwiegende und irreversiblen Folgekrankheiten wie Autoimmunerkrankungen führen – deswegen ist es so wichtig, der Sache auf den Grund zu gehen, die Puzzlesteinchen zusammenzusetzen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Und die sind höchst individuell – kein Mensch ist wie der andere. Und kein Darm.

Übrigens ist Leaky Gut nicht zu verwechseln mit einer Darmperforation! Der Verdacht wird teilweise durch unklare Formulierungen geschürt – gerade mit den Begriffen „löcherig“ oder „undicht“. Bei einer Darmperforation ist der Darm nämlich wirklich löcherig. Denn dann ist z.B. aufgrund einer wiederkehrenden entzündlichen Divertikulitis, ein physisches, wenn auch kleines, Loch in der Darmwand entstanden. Und in dem Fall herrscht wirklich akute Lebensgefahr, da im schlimmsten Fall sogar Bakterien oder gar Darminhalt in den Bauchraum gelangen können.

Auslöser & Heilung

Die wichtigste Frage: Gibt es Heilung? In der Regel ja, Leaky Gut ist oft nur eine vorübergehende Situation.

Auslöser für das Leaky Gut Syndrom können vielfältig sein: Medikamente, schlechte Ernährung, übermäßiger Alkoholkonsum, Viren, Pilze und Parasiten sowie chronischer Stress, aber auch Belastungssituationen der unterschiedlichsten Art. Hier greift insbesondere die Tatsache, dass der Darm ein echtes Sensibelchen ist – und dass sich alles was im Kopf „abgeht“ über kurz oder lang auch im Bauch bemerkbar macht.

Nahrungsmittelunverträglichkeiten genießen eine Sonderrolle: Sie können Ursache für Leaky Gut sein (insbesondere wenn chronische Entzündungen vorliegen) – aber auch eine Auswirkung dessen. Hier scheiden sich oft die medizinischen Geister. Das Problem ist komplex und gleicht oft der Frage, was zuerst da war: Henne oder Ei.

Gleiches gilt für das Gallensäureverlustsyndrom, unter dem ich leide. Auch hier ist noch völlig unklar, wie beides zusammenhängt und was genau was auslöst.

Auch SIBO – oder Dünndarmüberwucherung – scheint (zumindest in meinem Fall) im direkten Zusammenhang mit Leaky Gut zu stehen. Hier steht die deutsche Medizinerwelt aber noch ziemlich am Anfang – in den USA schaut man schon genauer hin.

Heilung funktioniert deshalb nur mit viel Sorgfalt, genauem Hinschauen, Geduld und verschiedenen Ansätzen aus unterschiedlichen Richtungen. Klingt kompliziert? Ist es leider auch. Aber machbar.

Ernährung ist das A und O

Die Ernährung – oh Wunder! – ist das A und O in diesem Thema. Gezielte, ballaststoffreiche, präbiotische Ernährung sollte im Fokus stehen. Eine zusätzliche Beigabe von aufbauenden „Helferlein“ wie der Aminosäure L-Glutamin oder das schleimhautregenerierende [Werbung, unbezahlt und unbeauftragt] Synerga sowie ein auf die individuelle Situation abgestimmtes Probiotikum zur Stärkung des Mikrobioms können schon massive Verbesserung oder sogar Heilung erzielen. Gerade L-Glutamin hat in meinem fall zu einer echten Verbesserung der Darmschleimhaut geführt, wenn auch in Kombination mit vielen anderen Faktoren. Eine Kombination aus [Werbung, unbezahlt und unbeauftragt] L-Glutamin-Pulver und L-Glutamin-Kapseln (insbesondere super unterwegs) ist für mich aktuell sehr zielführend. Hier spielt die Qualität eine entscheidende Rolle – mehr dazu in Kürze in einem separaten Blogbeitrag.

Auch die Gabe von Colostrum wird zunehmend als therapeutisch sinnvoll bei Leaky Gut besprochen.

Ein anderes, für mich noch neues Thema, ist Kollagenpulver – in den USA ein großes Thema, wenn es um Leaky Gut geht. Dazu demnächst mehr.

Die Ernährung ist jedoch der größte und wichtigste Posten.

Unbedingt zu vermeiden oder zumindest deutlich zu reduzieren ist jegliche Form von „triggern“ (Auslösern) oder „boostern“ (Verstärkern) – also verarbeiteten Lebensmitteln und Fertigprodukten (voller Aromastoffe. Konservierungsmittel und Geschmacksverstärkern!), Industriezucker und Gluten, Alkohol und – zumindest für einen gewissen Zeitraum – Kuhmilch- und Sojaprodukte. Weiterhin sollten Eier, lektinhaltige Lebensmittel wie Hülsenfrüchte und Nachtschattengewächse wie Tomaten und Auberginen gemieden werden. Fleisch, insbesondere rotes, sollte für eine Weile komplett gestrichen und nach einem gewissen Zeitraum maximal in Maßen genossen werden. Bei der Tendenz zu Migräne sollten zudem histaminreiche Lebensmittel wie Seafood oder Pilze gemieden werden.

Bei all diesen Lebensmitteln gilt nach der Heilung: Bitte nur in Maßen. Und bitte auf eine nachhaltige, auf lange Sicht gesunde und vor allem ballaststoffreiche Ernährung setzen.

Unbedingt auf dem Speiseplan stehen sollten: Vorwiegend pflanzliche Ernährung aus Gemüse, Obst, glutenfreiem Getreide und Pseudogetreide wie Hafer, Buchweizen, Hirse, Amarant und Quinoa.

Insbesondere Obst und Gemüse liefern nicht nur Vitamine sondern die so wichtigen Ballaststoffe, Futter für unsere „guten“ Darmbakterien und in Folge auch für unsere Darmschleimhaut. An diesem Punkt kommen leider erschwerend die sogenannten FODMAPs in’s Spiel – mehr dazu hier. Bitte unbedingt die highFODMAP-Fraktion meiden – oft sind sie üble „trigger“ (Auslöser) oder „booster“ (Verstärker). In jedem Fall machen sie Ärger.

Polyphenolreiche Lebensmittel wie Blaubeeren, Aronia, Spinat, Brokkoli, Olivenöl aber auch dunkle Schokolade (mindestens 70% Kakaoanteil) und Rotwein (in Maßen versteht sich!) unterstützen zusätzlich bei der Regeneration der Schleimhaut.

Außerdem wichtig: Omega-3-haltige Lebensmittel wie Hanf oder fetter Seefisch in den täglichen Speiseplan einbauen. Sie helfen, Entzündungen der Schleimhaut (aber praktischerweise auch im Rest des Körpers) zu verhindern. Kurkuma ebenfalls – meine persönliche Geheimwaffe! Probiert doch mal meine Gemüse-Hanf-Puffer oder meinen Ananas-Kurkuma-Smoothie.

Clean Eating ist grundsätzlich angeraten – Paleo-Ernährung, sofern nicht zu fleischlastig ist ebenfalls ein Ansatz. Gerne darf in Maßen Geflügel genossen werden (insbesondere als schleimhautaufbauende, nährstoffreiche Knochenbrühe).

Im Übrigen können Intervallfasten und Fasten (insbesondere Heilfasten nach Buchinger) enorme Verbesserungen erzielen – die Darmschleimhaut kann sich ideal regenerieren, wenn sie in Ruhe gerät und nicht permanent ackern muss.

Komm mal runter!

Ergänzend und wirklich wichtig im gesamten Heilungsprozess sind tägliche Bewegung, gesunder Schlaf, Entspannung und ggf Stressmanagement.

Sie alle nehmen eine wichtige Rolle ein – ich spreche aus Erfahrung. Gerade amerikanische Mediziner verweisen immer wieder auf die hohe Relevanz von Entspannung und mentaler Gesundheit – nicht zuletzt, da Stress als einer der Auslöser für Leaky Gut gilt – in jedem Fall zumindest ein heftiger „booster“ ist. Ein „trouble belly“ reagiert einfach unglaublich sensibel auf alles, das Stress auslöst. Und Stresswahrnehmung ist höchst individuell.

Außerdem wichtig: Die Situation annehmen. Und wenn das Leaky Gut und seine ganzen Nebenbaustellen, aus welchen Gründen auch immer (wie bei mir), einen dauerhaften und chronischen Zustand eingenommen hat: Nicht verzagen. Akzeptieren. Und das beste daraus machen. Beispielsweise meine leckeren Rezepte nachkochen 🙂 Und regelmäßig tief durchatmen – und bei Bedarf meine 3-4-5-Methode anwenden.

Du bist gefragt!

Die wichtigste Info von allen: Du bist gefragt. Du musst aktiv etwas dafür tun, dass Du das Thema in den Griff bekommst. Denn Du hast es vermutlich mit verursacht – dein Lebensstil ist mit absoluter Sicherheit daran beteiligt gewesen.

Hätte ich mich nicht in so hohem Maße selber gekümmert – ich wüsste nicht, wo ich heute wäre. Von diesem Wissen könnt Ihr hier auf dem Blog profitieren: Ich habe eine ganze Reihe Rezepte entwickelt – aus eigener Not. Ich habe zahlreiche Therapieansätze und -etappen mit meinen Ärztinnen durch – über all das berichte ich hier. Und ich habe eine Menge Erfahrungswerte, „best practice stories“ und stetig mehr Wissenswertes, das ich gerne teile.

Demnächst mehr

Demnächst folgt ein sehr umfassender Blick auf Leaky Gut an dieser Stelle. Ist wirklich ein komplexes Thema. Aber hier werdet Ihr alles dazu erfahren.

Und ich liefere Euch immer mehr Beiträge zu flankierenden Themen wie Ernährung, Lebensführung oder Stressmanagement. Bis dahin, viel Spaß beim Stöbern auf meinem Blog. Und schaut immer wieder gerne vorbei!

Fragen?

Du hast akute Fragen zu Leaky Gut und kommst nicht weiter? Du brauchst Input? Oder hast Input für mich? Schick mir gerne ein Email an info@lovelybelly.eu. Ich versuche, sie Dir gerne zu beantworten – aber gib mir unter Umständen etwas Zeit. Denn dieser Blog entsteht in meiner sehr knappen Freizeit.

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