Einfach mal durchatmen

von Yvonne

Einfach mal durchatmen: Manchmal gar nicht so einfach. Ein „trouble belly“ hat ein großes Problem: Er reagiert äußerst empfindlich auf Stress – auf alles, was uns in Wallung versetzt, den Puls hochtreibt oder uns vielleicht sogar in Sorge und Angst versetzt.

Nun habe ich glücklicherweise den Vorteil, durch meine Yoga-Praxis mit verschiedenen Atemtechniken in Berührung zu kommen. Und muss sofort betonen: Es gab Zeiten, da fand ich Atmen total doof. Aber jetzt finde ich es super. Ich habe mich in einer Zeit, in der es mir gesundheitlich bescheiden ging, tatsächlich darauf eingelassen (war allerdings auch meiner großartigen Yoga-Lehrerein Claudia geschuldet) und einfach mal diese damals für mich sehr komische Wechselatmung (s.u.) mitgemacht. Glaubt mir, hätte es nichts mit mir gemacht, wäre dieser Text nicht entstanden. Und ganz viel wäre nicht so positiv verlaufen, wie es letztendlich verlaufen ist.

Atmen ist SO WICHTIG. Sowieso, weil ganz banal: Ohne atmen sind wir tot. Ganz einfach.

Atmen ist das erste, was wir in unserem Leben tun – und das letzte, bevor wir das irdische Dasein verlassen. Es ist das Natürlichste und Ursprünglichste, was wir haben. Der Atem ist kostenlos. Und ich habe ihn immer und überall dabei. Ist das nicht irre?

Brustatmung statt Bauchatmung

Das Kuriose: Wir sind uns dessen meist nicht bewusst. Noch schlimmer, wir verlernen das richtige Atmen – die tiefe Bauchatmung. Stattdessen atmen wir in der Regel flach und nur in den oberen Brustkorb. Und wenn’s mal stressig wird, atmen wir immer flacher und flacher. Im schlechtesten Fall bis zum Hyperventilieren, bei dem wir im wahrsten Wortsinne nach Luft schnappen. Menschen, die Panikattacken kennen, wissen, was ich meine.

Aber wir können unseren Atem wirklich aktiv steuern, in instrumentalisieren und sogar mit ganz bestimmten Atemtechniken ganz bestimmte körperliche (und geistige) Zustände auslösen. Der Atem ist ein mächtiges „tool“ – auch ich muss mir das immer wieder in regelmäßigen Abständen zurück in’s Bewusstsein und in den Alltag holen.

3-4-5-Methode

Ich habe an anderer Stelle schonmal erwähnt, dass in Zeiten meiner gesundheitlichen Dünnhäutigkeit sich das oben erwähnte Thema „Panikattacke“ noch dazu gesellte. Ich hatte mir aus verschiedenen Atemtechniken eine Variante entwickelt, die ich immer und überall anwenden kann. Ich habe sie die 3-4-5-Methode getauft – sie passt super in jede Alltagssituation und lässt sich überall anwenden, wenn sich das komische Druckgefühl im Brustraum, der Puls oder andere Vorboten bemerkbar machen.

Wenn ich aber Zeit habe und zuhause bin (oder sonst, wo ich für mich sein kann), kann ich gezielter ran. Und je nachdem ob ich unter Strom bin und mich beruhigen muss, ob ich durchhänge und Energie brauche, bin ich hiermit super aufgestellt:

Wechselatmung

Eine meiner wichtigsten Atemtechnik ist die Wechselatmung: Yoga-praktizierenden Menschen bekannt als DIE Pranayama-Übung, Nadi Shodhana.

Gerade, wenn ich unter Strom stehe und das Herz bis zum Hals schlägt, ist sie mein Mittel der Wahl. Der springende Punkt sind eigentlich zwei Punkte: Das Atmen durch die Nase. Und ein längeres Aus- als Einatmen gepaart mit einer Atempause dazwischen. Diese beiden Komponenten erzeugen den Effekt, der das Vegetative Nervensystem und den Vagusnerv stimuliert. Nach einer kurzen Session von wenigen Minuten ist das System wieder in Ruhe, sie senkt nachweislich die Herzfrequenz und den Blutdruck. Sie stärkt die Lungenfunktion. Und fördert einen guten Nachtschlaf. Immer wieder erstaunlich.

Zunächst eine bequeme Sitzposition einnehmen, die rechte Hand unterhalb der Nase vor das Gesicht nehmen, die beiden mittleren Finger herunterklappen, den Daumen auf das rechte Nasenloch und den Ringfinger auf das linke Nasenloch legen (Manche legen die beiden mittleren Finger auf die Stelle zwischen den Augenbrauen, das sogenannte „Dritte Auge“ – eine zusätzliche Stimulation).

>>> Die Augen schließen und mit dem linken Nasenloch beginnen: Den Ringfinger lösen, das Nasenloch öffnen und langsam einatmen. Das Nasenloch wieder verschließen, den Atem anhalten. Das rechte Nasenloch öffnen und langsam wieder ausatmen. Im gleichen Nasenloch, sprich hier rechts, wieder einatmen, das Nasenloch verschließen, den Atem anhalten und links wieder ausatmen. Dann nach der Atempause links wieder starten usw. <<<

Wichtig ist, dass die Ausatmung länger als die Einatmung ist – das stimuliert den Vagusnerv und fördert die Entspannung. Perfekt sind10 Durchgänge, bei denen die Dauer der Ein- und Ausatmung immer länger und tiefer ausfallen.

Quadrat-Atmung, Box Breath

Die sogenannte Quadrat-Atmung (Sama Vritti) ist eine meiner liebsten Übungen. Sie hilft mir, nicht nur sauber und forciert zu atmen sondern beruhigt gleichzeitig meinen Kopf – denn der muss sich darauf konzentrieren, in Gedanken die 4 Wände eines Quadrats entlangzugehen. Einfach aber effizient.

Die Übung geht denkbar leicht:

>>> Einfach eine bequeme Sitzposition einnehmen, die Augen schließen und ein Quadrat vorstellen. Wir arbeiten uns im Uhrzeigersinn, beginnend unten, vor. Wir atmen immer 4 Schläge (manche machen 5). Beim Einatmen gehen wir gedanklich die linke Seite des Quadrats hinauf. Auf der oberen, waagerechten Wand halten wir den Atem an. Dann gehen wir mit der Ausatmung rechts hinunter, auf der unteren waagerechten Seite halten wir wiederum den Atem an. Und dann geht das ganz von vorne los. Mir hilft es immer, wenn ich mir die jeweilige Seite leuchtend oder farbig vorstelle. <<<

Die Quadrat-Atmung lässt sich auch gut mit der „Sitzenden Vorbeuge“ kombinieren, die bei mir als Yin-Yoga-Addict ohnehin sehr entspannend wirkt.

Strahlender Schädel

Kapalabathi – der „Strahlende Schädel“: Wenn ich durchhänge und Energie brauche, gibt es nichts besseres. Diese Übung läd uns regelrecht körperlich und geistig auf und reinigt gleichzeitig. Die Übung aktiviert das „Prana“ – unsere Lebensenergie. Die Anleitung liefere ich bei Gelegenheit.

Weitere Atemtechniken

Ich werde nach und nach weitere Atemtechniken vorstellen. In der Zwischenzeit findet Ihr eine wunderbare Übersicht hier.

Das Beste ist übrigens grundsätzlich eine tiefe Bauchatmung. Das lässt sich jederzeit im Alltag umsetzen. Und wenn es mal wieder wild wird: Komm zurück zu deinem Atem. Er ist immer „jetzt“.

Lesetipps

Ihr kennt meine Devise: Lesen macht gesund! „Breath“ von James Nestor ist die ultimative Lektüre. Weiter Tipps folgen demnächst!

Meine liebsten Unterstützer

Im Laufe der Zeit habe ich mir das perfekte Equipment zusammen gestellt, zum Teil sogar selber entwickelt wie meine wärmende {Werbung in eigener Sache} Mattenauflage oder meine riesige Yin-Yoga-Decke, beide komplett „Made in Germany“ – aus Wolle von glücklichen Elbdeich-Schafen.

Gerne trinke ich auch einen entspannenden Tee, wenn ich versuche, zur Ruhe zu kommen. Oder eine Moon Milk – idealerweise vor dem Schlafen.

Fotos: Leeloo Thefirst (Titel), Mikhail Nilov (sitzendes Paar), Garon Piceli (Kopf)

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