Starker Vagusnerv

von Yvonne

Starker Vagusnerv: Was für ein wichtiges Thema.

Denn dieser Vagusnerv hat einen unglaublichen Einfluss auf unser Wohlbefinden im Allgemeinen und Speziellen. Warum? Er verbindet unser Hirn mit unserem „zweiten Hirn“ – dem Bauchhirn. Der Vagusnerv ist der längste der 12 Hirnnerven und ist der Superhighway für zahlreiche chemische und physikalische Bewegungen in beide Richtungen zwischen Kopf und Bauch – insbesondere unserer Neurotransmitter wie dem Glückshormon Serotonin (bis zu 90% werden davon im Darm produziert, der Rest im Hirn).

Der Stärkere gewinnt

Der Vagusnerv kann stark sein – dann ist alles fein, unser Gesamtwohlbefinden im Lot und unsere Stressresistenz optimal. Oder er kann geschwächt sein. Dann fühlen wir uns auch schwach, angreifbar und schnell überfordert. Das Problem: Ein dauerhaft und über lange Zeit geschwächter Vagusnerv kann zu ernsthaften gesundheitlichen Beschwerden bis hin zu Depressionen, Herzerkrankungen oder gar Schlaganfall führen.

Ein phasenweise geschwächter Vagusnerv ist nicht zu vermeiden – z.B. in außergewöhnlich anstrengenden Jobphasen oder besonderen Belastungen. Da kann schon mal vor Ärger der Puls hoch gehen oder vor einem wichtigen Vortrag aus Aufregung der Atem flach werden.

Hier ist der Tonus des Nervs entscheidend – die Fähigkeit, schnell aus einer Stresssituation wieder herauszukommen, den Schalter gewissermaßen umzulegen und flott wieder in den Normalmodus zu kommen. Oder anders gesagt: Aus dem evolutionsbedingt in uns tief verankerten „flight or fight„-Modus wieder in den „rest and digest„-Modus gelangen (dazu an anderer Stelle mehr).

Ein grundsätzlich starker Vagus Nerv kann das. Ein geschwächter nicht. Da kann eine Belastungssituation der berühmte Tropfen sein, der das Fass zum Überlaufen bringt (Stichwort „Burn-out“).

Ein schwacher Vagusnerv darf also kein Dauerzustand werden. Dann muss unbedingt eingegriffen werden.

Das Tolle ist: Mann KANN eingreifen. Man hat es absolut in der Hand, diesen Nerv positiv zu stimulieren – und das ganz ohne Medikamente, Humbug oder Hilfsmittel. Mit vergleichsweise wenig Einsatz, einfach in den Alltag zu integrieren und nahezu kostenlos. Klingt doch eigentlich unglaublich, oder?

Da ich wie immer aus eigener Erfahrung spreche, dürft Ihr mir aber glauben. 🙂

Es gibt viele Methoden, auf den Vagusnerv einzuwirken – hier kommen meine drei Liebsten:

Atmen

Atmen? Genau – einfach nur atmen. Und zwar tief und lang. Das Entscheidende dabei ist, dass das Ausatmen länger ist, als das Einatmen. Genau das stimuliert den Vagusnerv.

Die tiefe Bauchatmung ist vielleicht bekannt. Wer Yoga praktiziert, kennt und schätzt auch die sogenannte Wechselatmung. Ich habe vor einiger Zeit (aus eigener Not) eine super einfache Atemtechnik entwickelt, die ich immer und überall anwenden kann – auch unterwegs. Meine 3-4-5-Methode ist meine persönliche Allzweckwaffe, wenn mein Atem flach wird und der Puls hoch geht. Dann klinke ich mich sofort für ein paar Minuten aus (mehr ist nicht nötig) und „hole“ mich wieder runter. Einfach mal ausprobieren – hier findet Ihr die Anleitung.

Singen

Und zwar Laut und mit vollem Elan! Ich mach’s am liebsten im Auto – und wenn ich den Text nicht kann, Laut male oder summe ich mit (Summen ist übrigens ebenfalls eine perfekte Stimulation des Vagusnervs – klitzekleine Schwingungen „massieren“ ihn förmlich.)

Manchmal mache ich’s auch während des Kochens in der Küche (wenn ich nicht gerade Podcasts höre). Gerne, wenn ich viel Schälen und Schnippeln muss. Wenn ich einen großen Topf Curry Base oder Minestrone koche. Herrlich, wieviel man dabei singen kann!

Eigentlich müsste ich einmal pro Woche in eine Karaoke-Bar – aus rein therapeutischen Gründen. Oder vielleicht doch nochmal einem Chor beitreten. Egal wo und wie – singen ist perfekt für unseren Vagusnerv. Und es macht einfach gute Laune. Apropos:

Gute Laune

Gute Laune, positive Gedanken, Freude, auch Vorfreude – egal was, es ist perfekt für unseren Vagusnerv. Das interessante: Einerseits ist er als Superhighway hochgradig verantwortlich, dass unsere Glückshormone (und viele andere Neurotransmitter) überhaupt im Körper herumschwirren können. Andererseits stimulieren wir ihn zusätzlich mit positiven Gedanken, und das regt wiederum die Produktion von Serotonin an. Praktisch. Also her mit schönen Momenten – oder zumindest die Aussicht darauf.

Schlechte Laune? Einfach einen sehr lustigen Film schauen. Oder den Lieblings-Comedian. Hilft garantiert. Lachen ist super – und es heißt nicht umsonst „Lachen ist gesund!“.

Schonmal Meditation probiert? Ich stehe gerade erst am Anfang, versuche mich regelmäßig ein paar Minuten auszuklinken und z.B. mit sogenannten Affirmationen aktiv positive Gedanken zu manifestieren. Das ist übrigens kein Yoga-Humbug sondern wissenschaftlich erwiesen, dass durch permanente Wiederholung von Sätzen (positiv wie negativ) quasi neue Synapsen gebildet werden und diese Gedanken physikalisch im Hirn verankert werden. Also statt zu sagen „Das klappt ja eh nicht.“ einfach mal den Schalter auf „Positiv“ stellen und stärkende Mantras wie „Ich schaffe das!“ oder „Das klappt bestimmt!“ verankern.

Vorfreude ist auch etwas Feines – und man hat so viel davon! Ich liebe einfach Vorfreude auf etwas – egal ob in naher Zukunft oder in sehr weiter Ferne (z.B. eine Reise – hier kann man besonders viel und lange Vorfreude haben).

Highlights schaffen!“ sagt meine Freundin Andrea immer. Leuchttürme und Anker haben, sind meine nordseegeprägten Bilder im Kopf. Egal wie Ihr es nennt. Es hilft. Ich freue mich übrigens auf meine Reitstunde morgen.

Was hilft noch?

Eine Menge. Und Einiges sei noch der Vollständigkeit halber erwähnt. Denn es zeigt einfach die Bandbreite der Möglichkeiten, aktiv positiven Einfluss auf das körperliche Wohlbefinden und langfristige Gesunderhaltung zu nehmen.

Ein völlig unterschätzter Faktor ist dabei das Thema „Sozialkontakte“. Menschen mit einem stabilen Umfeld aus Familie, Freunden, Bekannten, Soulmates, Leidens- und Freudensmenschen haben – das ist wissenschaftlich erwiesen – auch einen stabileren Vagusnerv. Und werden darüber hinaus deutlich älter als der Durchschnitt. Schonmal von den „Blue Zones“ gehört? Das sind Regionen auf der Erde, in denen die Bevölkerung locker 100 Jahre alt wird. Die Forscher schlagen Kapriolen, um deren Geheimnisse zu entschlüsseln – denn die Ernährung variiert doch an einigen Punkten (nachvollziehbar, wenn die eine Blue Zone auf Sardinien und die andere in Kalifornien beheimatet ist). Der einzige gemeinsame Nenner der insgesamt 5 Zonen ist der hohe Stellenwert sozialer Kontakte.

Ich bin ein großer Fan von Osteopathie – insbesondere meiner Hamburger Therapeutin Sonja Schrader. In meiner Außenwahrnehmung legt sie einfach nur die Hände auf. Aber diese Hände können zaubern – und z.B. feststellen „dass da drinnen ganz schön was los ist“ Und beruhigen. Wahnsinn.

Auch Akupunktur ist eine gängige Methode, nicht nur den Körper sondern insbesondere auch den Vagusnerv zu stärken – die artverwandte (weil ebenfalls TCM) Tuina-Massage ebenfalls. Therapeutische Hypnose bietet ebenfalls Ansätze (natürlich keine Bühnen-Zaubertrick-Hypnose, nur um das klar zu stellen).

Übrigens: Kurz kalt Duschen nach der wohligen warmen Dusche zählt zu den effektivsten Methoden, den Vagusnerv zu stärken. Dieser kurze, extreme Schock für den Körper härtet ihn im wahrsten Wortsinne ab. Und für die Softies – oder Frostbeulen wie mich – reicht notfalls auch der Schwung kaltes Wasser im Gesicht. Denn ich kann mich morgens einfach nicht dazu überwinden. Dafür habe ich es schon ein paar mal geschafft, an Neujahr in die 4 Grad kalte holländische Nordsee zu hüpfen (Stichwort: nieuwjaarsduik…) 🙂

Fotos: Drew Rae von Pexels (Titelbild), eigene, Oliver Rindelaub (Bauch),  Helena Lopes von Pexels (Menschen) sowie weitere Pexels

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