Die Sache mit den Probiotika

von Yvonne

Die Sache mit den Probiotika ist gar nicht so einfach.

Wer öfter mal einen „trouble belly“ oder gar eine eine dauerhafte Darmerkrankung hat, wird sich unweigerlich mit dem Thema Probiotika (nicht zu verwechseln mit Präbiotika) auseinandersetzen. Und feststellen: Ganz schön undurchsichtig. Denn es gibt einfach unfassbar viele Präparate der unterschiedlichsten Zusammensetzung und Bakterienstämme, die unser Mikrobiom und unsere Gesundheit in Schwung bringen sollen. Eine Wissenschaft für sich das Ganze.

Die Werbung macht’s

Alleine die Werbeblöcke vor den Nachrichten zeigen schon die Bandbreite – und offenbar auch die Relevanz. Reizdarm ist oft das Thema (leider ein sehr pauschaler Begriff, ihr kennt meine Meinung dazu). Kijimea scheint für viele die Lösung zu sein. Nicht zuletzt, da das Produkt omnipräsent ist (übrigens ein Präparat mit Bifidobakterien).

Gebt doch mal spaßeshalber den Begriff „Probiotikum“ als Suchbegriff bei Google ein: Mehr als unfassbar viel. Unglaublich unfassbar viele. Wo soll da der „Bauchmensch“ anfangen? Woher soll er wissen, was er braucht? Absolut unmöglich.

Das Problem: Dieses Überangebot sorgt sogar dafür, dass nicht einmal Ärzte und Therapeuten auf den Punkt sagen könne, welches Probiotikum nun genau wie greift. Und ob es überhaupt da fehlt und ankommt, wo es hin soll. Und auch dort bleibt.

In meinem Fall irren wir seit langem auf der Suche nach der optimalen Kombination. Und justieren immer feiner. Denn das falsche Probiotikum tut nichts Gutes – es erzeugt neue Beschwerden. So kam es schon häufiger vor, dass ich nach Einnahme eines neuen Präparates wieder zunehmenden Druck und damit verbundene Schmerzen im Bauch verspürte. Ich habe inzwischen eine ganze Sammlung an verschiedensten Probiotika.

Wo beginnen?

Aber wo beginnen? Der erste Indikator ist ein Stuhltest – in meinem Fall [Werbung, unbezahlt] KyberKompakt PRO. Das entscheidet jedoch die behandelnde Praxis. Auch wenn manch ausgewiesene Koryphäen im Gastro-Umfeld Stuhltestes für Voodoo und reine Geldverschwendung halten – mir ist bislang keine Alternative untergekommen. Denn er zeigt grundsätzlich an, was in der Darmflora – dem Mikrobiom – so los ist, an guten Bakterien fehlt oder von schlechten zu viel da ist (z.B. mein on-off-Thema Clostridien).

Eine Tendenz ist in jedem Fall durch einen detaillierten Stuhltest klar zu sehen. In meinem Fall ließen sich diese Bakterienstämme zusätzlich durch einen Bioresonanztest bestätigen, muß also irgendetwas dran sein. Und wir wissen dadurch mehr als vorher. Kann also keinesfalls schaden.

Was kann fehlen?

Eine ganze Menge kann fehlen – und das ist äußerst individuell. Es fehlen bei mir:  Vor allem Lactobazillen und Bifidobakterien  – beide zählen zu den wichtigsten Darmbakterien und sind maßgeblich verantwortlich für die Säuerungsflora des Darmmillieus. Lactobazillen tragen wir eigentlich seit unserer Geburt in uns, sie sind super wichtig und omnipotent. Nicht umsonst wurden sie zur „Mikrobe des Jahres 2018“ gewählt. Die Bifidobakterien sind ebenfalls sehr wichtig – sie halten vor allem schädliche Bakterien wie Clostridien, die mich immer wieder ereilen, in Schach. Beide – Lactobazillen und Bifidobakterien sind wie oben erwähnt für den im Optimalfall sauren pH-Wert im Dickdarm verantwortlich – mit einem sauren Milieu können sich schädliche Bakterien, wie die erwähnten Clostridien, aber auch Krankheitserreger wie Salmonellen nicht oder nur sehr schwer ansiedeln. Mein pH-Wert ist leider kontinuierlich zu wenig sauer, weil besagte beiden fehlen. Wir bekommen sie aber auch nicht angesiedelt. An dem Problem „hängen“ wir ein wenig, irgendein Ablauf ist hier gestört. Und das „Immer-wieder-Aufflammen“ der Clostridien sorgt zusätzlich für starke Beschwerden.

Weiterhin fehlen bestimmte (gute) Enterokokken – dadurch ist der für das Immunsystem zuständig Teil der Darmflora stark eingeschränkt. Außerdem fehlt das Bakterium Akkermansia muciniphila – ein Bakterium der mukonutritiven Flora. Ein Mangel vermindert die Barrierefunktion und ist u.a. Ursache für Leaky Gut – mein chronisches Hauptproblem, weiterhin auch das Reizdarmsyndrom (RDS), Dünndarmfehlbesiedelung und kann sogar zu Chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) wie Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa sowie zahlreiche weitere, zum Teil schwerwiegende Erkrankungen führen.

Was bedeutet das?

Das Problem: Diese Bakterien fehlen dauerhaft und müssen dringend zugeführt werden. Das ist mit der Ernährung alleine nicht zu schaffen (bestenfalls die vorhandenen Bakterien zu erhalten ist so machbar, z.B. mit präbiotischen Lebensmitteln). Es muß also ein Probiotikum ran. Und zwar eines, dass genau dort ankommt, wo es fehlt und diese Lücke füllt – mit Bakterien, die dann auch bleiben. Denn die Mikrobiom-Balance endlich wieder herzustellen, ist höchstes Ziel und entscheidend für die Linderung des Leaky Gut Syndroms. Beides hängt direkt miteinander zusammen. Umgekehrt ausgedrückt: Eine anhaltend ausgeprägte Dysbalance, wie sie bei mir z.B. vorliegt, unterstützt nachhaltig negativ das Leaky Gut Syndrom.

Wie finde ich das richtige Präparat?

Try and error

Die Frage ist also nun: Welches Präparat mit welchen Bakterienstämmen in welcher Konzentration ist nun das Richtige? Nach meinem aktuellen Wissensstand und Aussage meiner Ärztinnen in Bonn und Hamburg kriegen wir das nur über eine persönliche Testreihe heraus. Immer wieder „Try and error“ ist das Prinzip. Und das dauert.

Wenn aber das Gefühl aufkommt, die neuen (oder unveränderten) Beschwerden lassen sich auf das neue Präparat zurückführen (und nicht etwa auf zu ballaststoffreiches, blähendes Gemüse), dann muss es für ein paar Tage abgesetzt werden, um zu schauen, ob wieder Besserung eintritt. Idealerweise in Kombination mit leichter Kost, also Lebensmitteln, von denen ich sicher weiß, dass sie mir keinen Ärger bereiten – und natürlich immer lowFODMAP. Dass meine Ernährung komplett auf meine Heilung abgestimmt ist, versteht sich von selbst: Dennoch möchte ich es an dieser Stelle nochmal klar stellen.

Individuelle Präparate

Wir hatten längere Zeit eine Kombination aus [Werbung, unbezahlt] Enterobact und Synerga im Einsatz.

Aktuell soll mit Fokus auf Synerga getestet werden, um ein eindeutigeres Ergebnis zu bekommen. Auch, weil die Verträglichkeit bei Probiotika eine Rolle spielen kann und zwei verschieden Produkte Unklarheit bezüglich der Symptome liefern können. Synerga „ist ein zell- und eiweißfreies Präparat, das aus den Stoffwechselprodukten des Escherichia coli, Stamm Laves, gewonnen wird. Es ist ein Therapeutikum für die Schleimhaut mit entzündungshemmender und immunregulierender Wirkung. Der Wirkort ist die immunologische Einheit Schleimhaut.“ (Quelle: Laves Pharma)

Ich nehme Synerga derzeit einmal täglich ein. Damit wird sowohl die Bildung der fehlen Darmflora-Keime unterstützt – als auch der so wichtige Aufbau der Darmschleimhaut. Zu dem Thema habe ich übrigens kürzlich einen interessanten Beitrag verfasst – schaut doch mal hier. Synerga ist, da es sich wie oben erwähnt nicht um das E. Coli-Bakterium sondern dessen Stoffwechselprodukt handelt, kein klassisches Probiotikum. Ich finde es dennoch an dieser Stelle passend zu erwähnen. Insbesondere ist wichtig zu wissen, dass es aus diesem Grund besonders verträglich ist. Was mit typischen Probiotika oft nicht gegeben ist. Hier das wirklich Passende zu finden, das nicht nur gut vertragen wird sondern tatsächlich auch mit den richtigen Bakterienstämmen dort landet, wo es soll – und diese Bakterien dann auch noch dort ansiedeln zu können… Bingo! Hier steht die individuelle Darmsituation wirklich im Fokus – denn kein Mensch und damit kein Darm ist wie der andere.

Regelmäßiger Check

Um einen Eindruck zu bekommen, welche Bakterienstämme überhaupt fehlen, gibt es unterschiedliche Stuhltests wie der oben erwähnte. In ein paar Monaten steht bei mir ein erneuter Test an, zwecks Überprüfung möglicher Veränderungen.

In jedem Fall dürfen die Beschwerden nicht zunehmen – dann sollte nochmal ein Wechsel des Präparats angedacht werden. Das natürlich alles nur in Abstimmung mit Arzt/Ärztin. Eigeninitiative verspricht hier übrigens sehr wenig Erfolg, wenn die Bakterien-Situation unbekannt ist. Gerade Präparate mit vielen verschiedenen Bakterien bleiben ohne messbaren Nutzen. Zudem stehen sie in dem Ruf, bevorzugt Beschwerden auszulösen. Der Gang in den Drogeriemarkt und Kauf irgendeines vermeintlich potenten Probiotikums sollte also vermieden werden.

Ergänzend zur bakteriellen Situation ist gerade bei chronischen Beschwerden eine regelmäßige „Sichtkontrolle“ angeraten. Ich spreche von der Darmspiegelung. In meinem Fall steht in Kürze wieder die routinemäßige Untersuchung an. Alles halb so wild aber immens wichtig. So wichtig, dass ich in Kürze einen Beitrag nur zu diesem Thema bringe.

Ernährung im Fokus

In der Zwischenzeit gilt: Weiterhin extrem auf die Ernährung achten, um mit probiotischen Lebensmitteln wie milchsaurem Gemüse (ich liebe die Rote Beete von Marschland in meinem Kartoffelstampf) oder Joghurt-Bakterien auf natürlichem Wege zuzuführen. Es gibt zahlreiche Lebensmittel, die dank Fermentation nicht nur haltbar sondern in hohem Maße probiotisch wirken und Milchsäurebakterien liefern. Sauerkraut dürfte das bekannteste sein, aber es gibt noch vieles mehr – schaut auch gerne mal hier [Quelle: Eat Smarter].

Mindestens genauso wichtig ist, auch die vorhandenen guten Bakterien gezielt zu unterstützen. Präbiotische Lebensmittel sind hier das Stichwort, sie liefern das „Futter“ für die Darmbakterien, sorgen dafür, dass diese gut genährt bleiben und als intaktes Mikrobiom ihren so wichtigen Job machen.

Eines der besten Präbiotika überhaupt ist die sogenannte „Resistente Stärke“, wie sie in gekochten, abgekühlten Kartoffeln oder Reis enthalten ist. Einfach gemacht, lässt sich beides super leicht in den Alltag integrieren. Ein tolles Rezept ist mein „Goldener Kartoffelsalat„. Oder einfach eine schöne Portion Sushi.

Auch gegrillter Chicorée sowie Topinambur, Artischocken und Pastinaken sind dank des löslichen Ballaststoffes Inulin präbiotisch. Akazienfasern liefern ebenfalls ein hohes Maß an präbiotischen Ballaststoffen und können maßgeblich dazu beitragen, insbesondere die Zahl der Laktobazillen zu erhöhen.

Wer aus irgendeinem Grund von Zeit zu Zeit nicht so ganz in der Lage ist, ausreichen Ballaststoffe über die Ernährung zuzuführen, kann sich mit gut ausbalancierten Präparaten wie [Werbung, unbezahlt und unbeauftragt] Colon Balance von Biogena helfen. Oder ColoAktiv von Newlife Nutrition. Beide enthalten übrigens auch die erwähnten ballaststoffreichen Akazienfasern.

Grundsätzlich gilt aber: Gesunde Ernährung ist natürlich immer die besten Medizin und meine brandneue „Diversity Bowl“ vereinigt die besten Präbiotika in einer mega leckeren Runde. Unbedingt mal ausprobieren!

Und es gilt, rigoros alle Lebensmittel wegzulassen, mit denen schlechte Bakterien unnötig gefüttert würden: Zucker und Weizen. Bei der Wahl der Lebensmittel bietet sich auf jeden Fall ein Blick auf die FODMAP-Listen an – High-FODMAPS weglassen schafft schon eine ganze Menge. Falls Clostridien, die o.g. Fäulnisbakterien Ärger bereiten, unbedingt den Eiweiß-Konsum überprüfen. Insbesondere Fleisch fördert deren Wachstum.

Und – ganz wichtig: NICHTS an Präparaten aufgrund von Werbung auf eigene Faust im Drogeriemarkt kaufen oder gar im Internet bestellen. Man kann deutlich mehr falsch als richtig machen, wenn man ohne Fachkonsultation das falsche Präparat einnimmt. Und nimmt möglicherweise noch ein Präparat ein, dass unnötige Zusatzstoffe enthält. Ich spreche aus Erfahrung 😉

LESENSWERT: Dieser Artikel der NDR-Sendung „Die ErnährungsDOCS“ ist sehr interessant!

Und – diese beiden Bücher geben interessante Einblicke in die Welt des Mikrobioms und geben zahlreiche Heilungsansätze und Inspirationen: [Werbung, Affiliate Link*] Das Mikrobiom – Heilung für den Darm von der amerikanischen Gastroenterologin Dr. Robynne Chutkan. Probiotika und Präbiotika – Powerfood für den Darm liefert interessante Einblicke und eine ganze Reihe interessanter Rezepte zu fermentierten Lebensmitteln wie Kombucha, Kimchi, Kefir oder Sauerteig.

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Fotos: Titel JESHOOTS.com von Pexels, Blister  Anna Shvets von Pexels – Rest von mir

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